Antifaschismus bleibt international!

20. Dezember 2009

Die FIR vor dem XV. Kongress in Berlin

Interview mit Dr. Ulrich Schneider, Generalsekretär der FIR

Frage: Am 9./10. Januar 2010 findet in Berlin der XV. FIR-Kongress statt. Was sind Themen und Ziele?

Ulrich Schneider: Wir wollen Bilanz ziehen der politischen Arbeit der vergangenen Monate. Dabei können insbesondere das Internationale Jugendtreffen in Buchenwald 2008 mit über 1000 Teilnehmern sowie die Demonstrationen gegen Neofaschismus und Rassismus vom September 2008 in Köln und im Februar 2009 in Dresden die internationale Dimension antifaschistischer Arbeit der FIR unterstreichen.

Es geht um unsere Aktionen gegen die Rehabilitierung der SS-Verbände in baltischen Ländern und um die Wirkung unserer vielfältigen Initiativen und Erklärungen zu Frieden und Abrüstung, gegen Versuche der Geschichtsrevision und für die Verteidigung der politischen und sozialen Rechte der Frauen und Männer aus dem antifaschistischen Kampf, den Deportierten und Internierten.

Und wir müssen beraten, welche Konsequenzen die Ergebnisse der Wahlen zum Europäischen Parlament für uns als internationale antifaschistische Organisation haben. Seit einiger Zeit erleben wir, dass die ideologischen Angriffe auf die historische Erinnerung auch über europäische Strukturen vorangetrieben werden.

Frage: Worin seht ihr die zentralen politischen Auseinandersetzungen?

Ulrich Schneider: Was man in Deutschland im Zusammenhang mit dem 20. Jahrestag des 9. November 1989 erleben konnte, das geschieht in verschiedenen europäischen Ländern – die Neudefinition von Geschichte. Es geht soweit, dass in Ungarn und Polen das Zeigen von Symbole, unter denen Partisanen und andere Antifaschisten für die Freiheit ihres Landes gekämpft haben, per Gesetz als „extremistisch“ bestraft werden kann.

Es findet auf unterschiedlichen Ebenen eine massive „Entsorgung der Geschichte“ des Faschismus statt. Kollaborateure werden zu „Freiheitskämpfern“ umgedeutet. Partisanen werden wegen ihres Kampfes angeklagt, geschichtliche Erinnerung und Gedenkorte massiv angegriffen.

Dass vor diesem Hintergrund Kriminelle mit rechtem Hintergrund sich kurz vor Weihnachten nicht scheuten, die Gedenkstätte Auschwitz zu schänden, macht deutlich, wie weit das gesellschaftliche Klima bereits vergiftet ist.

Andererseits hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen erst vor wenigen Monaten eine Resolution mit überwältigender Mehrheit verabschiedet, die betont, dass der antifaschistische Kampf zum Welterbe der Menschheit gehört und keinerlei Relativierung oder gar Leugnung der faschistischen Vernichtungspolitik zugelassen werden darf.

Wir sind als FIR gemeinsam mit unseren Mitgliedsverbänden in Europa und Israel also gefordert, hier deutliche Signale zu setzen.

Zum zweiten hat die FIR eine Verpflichtung im Friedenskampf. Vor vielen Jahren zeichnete die UNO uns als „Botschafter des Friedens“ aus. Wir sehen darin eine bleibende Aufgabe, uns für nichtmilitärische Konfliktlösungen in Afghanistan, im Irak und natürlich auch im Nahen Osten einzusetzen. Wir sind in diesem Punkt eng verbunden mit unseren Partnerverbänden in Israel, die bei diesem Kongress auch vertreten sein werden.

Frage: Was sind die Planungen der FIR?

Ulrich Schneider: Das Jahr 2010 ist das 65. Jahr des Siegs über den Faschismus. Gemeinsam mit den Internationalen Lagergemeinschaften und den Veteranenverbänden in den verschiedenen Ländern wollen wir die geschichtliche Erinnerung auf diesen Punkt lenken. Hiermit setzen wir ein deutliches Zeichen gegen Vergessen und Geschichtsrevision.

Es gibt Vorschläge, dass die FIR sich erneut an den Aktionen im Februar 2010 in Dresden beteiligt. Auch liegt die Einladung für die Mitwirkung an einer geschichtspolitischen Konferenz im April 2010 in Berlin vor, um nur zwei Aktionen in Deutschland zu benennen.

Und wir fangen jetzt an, ein Internationales Jugendtreffen in Auschwitz unter dem Motto „Zug des Gedenkens“, das im Januar 2012 stattfinden soll, gemeinsam mit dem „Institut des Veterans“ in Belgien vorzubereiten. Das wird wieder eine sehr große Herausforderung für uns, aber es ist eine großartige Gelegenheit, Angehörige der jungen Generationen mit unserer Arbeit zu verbinden.

Dabei muss am bedenken, dass die Arbeit der FIR vor Ort von den nationalen Mitgliedsverbänden und anderen gesellschaftlichen Partnern unterstützt werden muss. Wir werden daher auf dem Kongress Vorschläge entwickeln, die in den jeweiligen Ländern abgestimmt werden müssen.

Frage: Warum findet die Konferenz gerade an diesem Wochenende statt?

Ulrich Schneider: Wir haben uns bewusst für dieses Wochenende entschieden, um als Organisation in direkten Austausch mit anderen politischen Initiativen wie der antifaschistischen Jugendkonferenz der VVN-BdA treten zu können, die an diesem Wochenende in Berlin stattfinden.

Und natürlich werden die Delegierten des FIR-Kongresses an der Luxemburg-Liebknecht-Ehrung an der Gedenkstätte der Sozialisten in Berlin-Friedrichsfelde teilnehmen. Dort sind auch ehemalige Mitstreiter der FIR begraben, deren wir bei dieser Gelegenheit ebenfalls gedenken wollen.