Was bedeutet Antifaschist sein heute?

20. Dezember 2018

Nachfolgender Artikel aus der „jungen Welt“ berichtete über die internationale Konferenz von ANPI Mitte Dezember in Rom:

Offene Rassisten und extrem rechten Parteien in Regierungsverantwortung, antidemokratische, nationalistische und rechtspopulistische Parteien im Aufwind, offen faschistische, gewalttätige und nationalistische Gruppen auf den Straßen – mit solchen und weiteren Stichworten kann man die aktuelle Situation in Europa beschreiben.

Vor diesem Hintergrund lud ANPI, die antifaschistische italienische Partisanenorganisation, am 14./15. Dezember unter dem Titel: „ Antifaschist sein im heutigen Europa“ zu einer internationalen Konferenz nach Rom ein. Unter den gut hundert Gästen waren antifaschistische und Veteranenverbände aus Spanien, Portugal und Griechenland, aus Belgien, Deutschland, Großbritannien und Österreich, aus Kroatien, Slowenien und Ungarn sowie aus Polen und Russland. Grußschreiben kamen aus Frankreich und Serbien. Zumeist waren es Mitgliedsverbände der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR), deren Leitung ebenfalls präsent war.

In Redebeiträgen und Diskussionen ging es nicht nur um eine Bestandsaufnahme der aktuellen Entwicklungen in den einzelnen Ländern, sondern um politische Antworten der antifaschistischen Kräfte gegen die Rechtsentwicklung und die unterschiedlichen Bedingungen der gesellschaftlichen Mobilisierung vor Ort und in Europa.

So berichteten Gäste aus Italien, Belgien, Polen und Ungarn über die Probleme, die sich aus dem Einfluss der rassistischen, antidemokratischen und nationalistischen Parteien auf die Regierungen für politisches Handeln im Sinne der sozial Schwächsten der Gesellschaft und der Flüchtlinge ergeben. Die Vertreter Österreichs, Sloweniens, Kroatiens und Serbiens verwiesen auf die Gefahren der Rehabilitierung von Ustascha-Faschisten als „Kämpfer für ein unabhängiges Kroatien“. Sie machten den Vorschlag, das jährliche Geschichtsrevisionisten-Treffen in Bleiburg durch internationale Aktionen zu beantworten.

In den Beiträgen wurde die Vielfalt der antifaschistischen Positionen in den jeweiligen Ländern sichtbar. Einige forderten vor allem ihre Regierungen auf, das Handeln rassistischer und extrem rechter Parteien und Gruppen zu verbieten, andere, z.B. ein Vertreter einer Gewerkschaftsgruppe aus London, berichteten von ihren Erfahrungen des gesellschaftlichen Widerstandes, den Blockaden und anderen Aktionen gegen rassistische Provokationen. Unterschiedliche Meinungen gab es in der Frage, gegen wen bzw. was sich das politische Handeln von Antifaschisten richten müsse. Einzelne vertraten die Position, dass nur ein konsequentes Handeln gegen den Kapitalismus als Wurzeln der faschistischen Gefahr und die EU bzw. NATO notwendig sei. Die Mehrheit der anwesenden Verbände plädierte dafür, politisch möglichst breit angelegte Aktionen gegen Rassismus und Faschismus vorzuschlagen, die Zugänge für ganz unterschiedliche politische Kräfte zum gemeinsamen antifaschistischen Handeln eröffnen.

Positiv aufgenommen wurde der Vorschlag der FIR, eine gleichgerichtete Kampagne unter der Losung „Für ein Europa ohne Rassismus und Faschismus!“ mit gemeinsamen Plakaten und weiterem Öffentlichkeitsmaterial zur Europawahl im Mai 2019 auf den Weg zu bringen.

Überhaupt stand im Zentrum aller Beiträge der Gedanke, wie eine Verstärkung der Einigkeit aller antifaschistischen und antirassistischen Kräfte möglich werden könnte. Dabei war der Blick nicht nur auf die Mitgliedsverbände der FIR gerichtet, sondern auch auf die Vernetzung mit anderen antirassistischen und zivilgesellschaftlichen Initiativen, wie z.B. „Stand up to Racism“, UNITED oder andere Strukturen.

Zu einem internationalistischen Höhepunkt wurde der kurze Auftritt von Marina Silva, der Gegenkandidatin zu Jair Bolsonaro im brasilianischen Präsidentschaftswahlkampf. Sie schilderte anschaulich die dramatische Entwicklung in ihrer Heimat, die durch die juristische Verfolgung von Politiker der Linken, dem Abbau demokratischer Freiheiten und vor allem der Rechte der Frauen, sowie zunehmender Aggression gegen Venezuela geprägt ist.

Carla Nespolo, Präsidentin von ANPI, betonte in ihrer Abschlussrede noch einmal die Verantwortung aller Antifaschisten für die Verteidigung der Freiheit, die Bewahrung des historischen Vermächtnisses und die Solidarität mit Menschen auf der Flucht. Sie unterstrich die Notwendigkeit der Vernetzung und Einheit der antifaschistischen und antirassistischen Kräfte in Europa und der Welt. Dazu sollen in 2019 weitere internationale Beratungen und Tagungen stattfinden. Symbolisch wurde diese Einheit am Ende der Konferenz deutlich, als alle Teilnehmenden – in ihren jeweiligen Sprachen – gemeinsam das Partisanenlied „Bella Ciao“ anstimmten.

Die politische Erklärung der Tagung findet sich auf der englischsprachigen Seite der FIR