FIR für eine neue internationale Friedenspolitik

20. August 2009

Aus Anlass des 70. Jahrestages der Überfalls Hitlerdeutschlands auf Polen am 1. September 1939, der den Beginn des Zweiten Weltkriegs markiert, ergreift die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten, die Dachvereinigung von Organisationen ehemaliger Widerstandskämpfer, Partisanen, Angehörigen der Anti-Hitler-Koalition, Verfolgten des Naziregimes und Antifaschisten heutiger Generationen aus über zwanzig Ländern Europas und Israels die Initiative für eine neue internationale Friedenspolitik.

Wir erinnern daran, dass es vor gut 35 Jahren durch das politische Handeln der Völker und Staaten im KSZE-Prozess gelungen ist, in Europa die Kriegsgefahr zu beseitigen.

Ein solcher gesellschaftlicher Prozess ist auch heute nötig. Wir erleben, dass Konflikte in der Welt in erster Linie militärisch gelöst werden. Die Kriege im Irak und Afghanistan, die militärische Eskalation in Nahost und zunehmende nicht-staatliche Gewaltformen (Terrorismus und Piratentum) prägen die Realität. Gleichzeitig beansprucht das Militärbündnis NATO für sich einen weltweiten Einsatzraum – vorgeblich zur « Verteidigung westlicher Werte », wobei Verletzungen von Menschenrechten, selbst Massenmorde vor dem Hintergrund von Rohstoffinteressen bewertet werden.

Es geht nicht mehr um « eine neue Welt des Friedens und der Freiheit », wie sie die Überlebenden, die Widerstandskämpfer, Deportierten und Internierten 1945 wollten. Es geht allein um Rohstoffreserven und die Durchsetzung von Machtinteressen. Das Selbstbestimmungsrecht von Völkern wird dabei missachtet.

Als « Botschafter des Friedens » – ernannt von den Vereinten Nationen – rufen wir die UNO, die internationalen Organisationen und gesellschaftlichen Kräfte auf, Initiativen für eine neue internationale Friedenspolitik zu entwickeln. Dazu gehören die Anerkennung des Existenzrechtes aller Staaten sowie die Durchsetzung einer gerechten Weltwirtschaftsordnung. Auch die Staaten der Europäischen Union können ihren Beitrag dazu leisten, wenn sie einer Militarisierung der Außenpolitik, wie sie in dem Lissaboner Vertrag zu finden ist, eine Absage erteilen.

In diesem Sinne appellieren wir an Friedenskräfte, Parteien, Gewerkschaften und Kritiker der Globalisierung, sich in Aktionen, Abstimmungen und Erklärungen für eine neue internationale Friedenspolitik einzusetzen. Die FIR ruft ihre Mitgliedsverbände dazu auf, sich mit ihren historischen Erfahrungen daran zu beteiligen.

Veteranen des antifaschistischen Kampfes wehren sich gegenGeschichtsfälschung

28. Juli 2009

Die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten, die Dachvereinigung von Organisationen ehemaliger Widerstandskämpfer, Partisanen, Angehörigen der Anti-Hitler-Koalition, Verfolgten des Naziregimes und Antifaschisten heutiger Generationen aus über zwanzig Ländern Europas und Israels hat mit Verwunderung und Empörung die Resolution der Parlamentarischen Versammlung der OSZE vom 3. Juli 2009 über die Wiedervereinigung des geteilten Europas zur Kenntnis genommen.

Hierin werden die faschistischen Massenverbrechen und die Ungesetzlichkeiten in der stalinistischen Periode undifferenziert auf die gleiche Stufe gestellt. Gleichzeitig wird darin der Sowjetunion die gleiche Verantwortung an der Entfesselung des Zweiten Weltkrieges zugewiesen wie Hitler-Deutschland. Solche Aussagen haben mit der historischen Wirklichkeit nichts gemeinsam. Sie verfälschen die Geschichte und diffamieren den gemeinsamen Kampf der Anti-Hitler-Koalition, in der die Sowjetunion als alliierte Macht einen entscheidenden Anteil hatte, gegen die größte Bedrohung der Menschheit im 20. Jahrhundert.

Wir wissen, dass die Resolution der OSZE gegen die Stimmen von etwa einem Drittel der Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung durchgesetzt wurde. Damit ist deutlich, dass es den Initiatoren nicht um einen möglichst breiten politischen Konsens, sondern um die Etablierung eines reaktionären Geschichtsbildes – geprägt von Totalitarismusdoktrin und Geschichtsverfälschung – in Europa geht.

Gerade in Erinnerung an den 70. Jahrestag des Überfalls Hitler-Deutschlands auf Polen und den 20. Jahrestag des Endes der Ost-West-Konfrontation in Europa kommt es jedoch darauf an, das Vermächtnis der politischen Gemeinsamkeiten der Anti-Hitler-Koalition für ein demokratisches und friedliches Europa zu bewahren. Und wenn in der Erklärung der OSZE das Ziel benannt wird « Förderung der Menschenrechte und der zivilen Freiheiten », dann erinnern wir an den Schwur der überlebenden Häftlinge des KZ Buchenwald, die die Gemeinsamkeit der Anti-Hitler-Koalition mit folgenden Worten zusammenfassten: « Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln, Schaffung einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit! »

Das ist und bleibt unser Ziel für ein wiedervereinigtes Europa.

Europawahl 2009 – Erklärung der FIR

21. April 2009

Im Juni 2009 finden in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Dies ist für die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten, die Dachorganisation ehemaliger Widerstandskämpfer, Partisanen, Angehörigen der Anti-Hitler-Koalition, Verfolgten des Naziregimes und Antifaschisten heutiger Generationen und ihre Mitgliedsverbände in fünfundzwanzig Ländern Europas und Israel Anlass, die Grundpositionen der antifaschistischen Verbände in Europa zu Gehör zu bringen:

Wir erinnern an die antifaschistischen Wurzeln der europäischen Einigung, die Gemeinsamkeiten der Anti-Hitler-Koalition und den Internationalismus der Überlebenden der Konzentrations- und Vernichtungslager. Man hat 1945 geschworen, dass Faschismus und Krieg nie wieder das Leben der Völker bedrohen dürfen – und das gilt bis heute. Europa kann daher nur ein antifaschistisches Europa sein. Und das bedeutet konkret:

1) Wir treten ein für ein friedliches Europa, das seine Rolle und Bedeutung in der Welt dafür einsetzt Kriege zu verhindern und sich für nicht-militärische Konfliktlösungen einsetzt. Wir widersetzen uns der Militarisierung europäischer Außenpolitik. « Terrorismus » kann nicht mit Kriegspolitik bekämpft werden. Die Antwort auf das weltweite Flüchtlingselend heißt nicht Abschottung und « Festung Europa ». Europa muss sich aktiv an der Bekämpfung von Fluchtursachen beteiligen und durch Integration und angemessene Aufnahme von Flüchtlingen an der Lösung der Probleme im Interesse der Menschen mitwirken.

2) Ein friedliches Europa bedeutet im Inneren, jeglichen Formen von sozialer und rassistischer Diskriminierung entgegenzutreten. Der Bericht der Europäischen Beobachtungsstelle zum Rassismus hat deutlich gemacht, dass rassistische Ausgrenzungen nicht nur gegen Sinti und Roma in verschiedenen Ländern Europas alltäglich sind. Wer in Europa glaubwürdig gegen Rassismus und Xenophobie eintreten will, muss hier deutlich Position beziehen. Ein friedliches Europa kann nur ein demokratisches Europa sein. Nicht zunehmende Bürokratisierung und Zentralisierung, sondern demokratische Mitwirkung und Stärkung der zivilgesellschaftlichen Strukturen ist die Perspektive. Die Verbände der FIR sind aktiver Teil dieser Zivilgesellschaft und erwarten Förderung und Unterstützung.

3) Wir treten ein für ein soziales Europa der Menschen. Nicht ungebremster Handel und Kapitalverkehr dürfen den Charakter Europas bestimmen, sondern ein hoher Standard der sozialen und persönlichen Rechte und Freiheiten für alle Menschen. Europa wird erst dann von den Bürgern akzeptiert, wenn es beweist, dass es Freizügigkeit und Sicherheit nicht nur im Urlaub ermöglicht, sondern allen Menschen eine berufliche und gesellschaftliche Perspektive gibt.

4) Wir warnen vor zunehmendem Nationalismus und Chauvinismus in Europa. Niemand sollte die kulturelle Vielfalt Europas nivellieren wollen. Aber es ist politisch verheerend für alle Menschen in Europa, wenn Rechtspopulisten und Neofaschisten « Mein Land zuerst » oder « Deutschland den Deutschen » propagieren. Die Präsenz rassistischer und rechtspopulistischer Kräfte im Europäischen Parlament muss mit allen Mitteln verhindert werden.

Antifaschisten brauchen Verbündete im europäischen Parlament. Wir rufen dazu auf, jene Parteien zu unterstützen, die sich aktiv für ein demokratisches, soziales und antifaschistisches Europa einsetzen. Wir hoffen, sie in verschiedenen Fraktionen zu finden, denn Antifaschismus ist eine Haltung, die nicht an eine parteipolitische Orientierung gebunden ist.

60 Jahre NATO – kein Grund zum Jubeln

28. März 2009

Im April 2009 will die NATO in Strasbourg ihr 60. Gründungsjubiläum begehen. Die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) sieht in diesem Jubiläum keinen Grund zum Feiern, sondern einen Anlass, über eine andere Strategie der Friedenssicherung in Europa und der Welt nachzudenken.

Entstanden ist die NATO bekanntermaßen aus dem Ost-West-Konflikt nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Diese Konfrontation zerstörte nicht nur die Gemeinsamkeit der Anti-Hitler-Koalition, die die Welt von der damals größten Bedrohung der Menschheit befreite, sondern überlagerte auch die Grundforderung aller Friedens- und antifaschistischen Kräfte: Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!

Die Ost-West-Konfrontation, die in Korea und später Vietnam zu heißen Kriegen mit Millionen Toten führte, konnte erst in den 70er Jahren schrittweise durch ein neues System der Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE – Prozess) überwunden werden.

Das Ende der Warschauer Vertragsorganisation Anfang der 90er Jahre hätte auch das Ende der NATO als militärischer Block bedeuten können.

Statt jedoch eine neue weltweite Sicherheitsarchitektur unter der Verantwortung der Vereinten Nationen auf den Weg zu bringen, begannen NATO-Strategen damit, neue Handlungsfelder für dieses Militärbündnis zu definieren:

Die NATO reklamierte für sich die Aufgabe der Sicherung von Rohstoffversorgung. Dazu richtet sie weltweit Stützpunkte ein.

Sie propagiert eine internationale Terrorismusbekämpfung, als könne man mit konventionellen Truppen den Terrorismus mit seinen sozialen Wurzeln bekämpfen.

Sie spielt auf diese Art Weltpolizei (« Out of area »-Einsätze) vorbei an den Vereinten Nationen und am Systems des Völkerrechts.

Die Konsequenzen dieser Politik sind im Krieg gegen Jugoslawien, im Militäreinsatz in Afghanistan und gegen den Irak – deklariert als « humanitäre Intervention » – deutlich zu erkennen.

Zudem beschleunigt die NATO die weltweite Militarisierung durch Aufrüstung. Die NATO-Staaten sind für 75 Prozent der globalen Militärausgaben verantwortlich.

Durch die Aufnahme von mittel- und osteuropäischen Staaten wurde der Einflussbereich der NATO in Richtung Russland verschoben. Dies führt dazu, dass die ehemalige Frontstellung gegen die sozialistischen Staaten nun gegenüber Russland weiterentwickelt wird. Die geplante Stationierung eines « Raketenabwehr »-Systems in Polen und der Tschechischen Republik verschärft selbst in Europa die Spannungen.

Die FIR sieht daher keinen Anlass, solche NATO-Strategie zu feiern. Sie tritt gerade anlässlich des 60. Jubiläums ein für eine neue internationale Militärstrategie, die gegen Konfrontation und Blockbildung eine internationale Sicherheitsarchitektur setzt, die die Priorität auf nicht-militärische Konfliktlösungen unter der Verantwortung der Vereinten Nationen legt. Unsere Vision einer friedlichen Welt ist nur ohne militärische Antworten auf globale und regionale Krisen zu erreichen – sie sind Teil des Problems und nicht der Lösung.

Militärausgaben sind zu reduzieren und die dadurch frei werdenden Ressourcen zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse einzusetzen. Alle ausländischen Militärstützpunkte sind zu schließen.

Wir lehnen alle militärischen Strukturen ab, die für Militärinterventionen genutzt werden. Die Beziehungen zwischen den Völkern müssen demokratisiert und demilitarisiert und neue Formen der friedlichen Zusammenarbeit errichtet werden, um eine sicherere und gerechtere Welt zu schaffen.

Dafür tritt die FIR gemeinsam mit der weltweiten Friedensbewegung anlässlich des NATO-Jubiläums ein.

Brüssel/Berlin 29.3.2009

Antifaschistischer Protest gegen SS-Treffen erfolgreich

14. März 2009

Mitte vergangener Woche kam die gute Nachricht aus Riga: Der geplante Aufmarsch von SS-Veteranen und Anhängern der extremen Rechten in der lettischen Hauptstadt ist von der Stadt verboten worden.

Grund für diese Entscheidung sind Initiativen der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR), ihrer Mitgliedsverbände und anderer politischer Kräfte, die sich gegen einen solchen Aufmarsch zur Verherrlichung der verbrecherischen SS richteten. In einem dringenden Appell an die lettische Regierung, an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments und die demokratische Öffentlichkeit hatte die FIR ein Verbot des Treffens und die Förderung des zivilgesellschaftlichen Widerstands gegen die SS-Veteranen gefordert.

In Briefen an den Präsidenten Lettlands, in politischen Resolutionen und in diplomatischen Kontakten über die Botschafter verschiedener europäischer Staaten wurden die verantwortlichen Stellen in den vergangenen Tagen gedrängt, dem politischen Konsens der Europäischen Gemeinschaft « Nie wieder ein SS-Europa » zu folgen.

Die Entscheidung über ein Verbot des Aufmarsches zeigt, dass Antifaschismus in Europa eine mobilisierende politische Kraft ist, die das Treiben extrem rechter Kräfte und geschichtsrevisionistischer Gruppen einschränken kann.

Die FIR dankt allen Unterstützern der Initiative – ob Mitgliedsverbänden, Parteien oder Vertretern der Zivilgesellschaft. In Europa dürfen weder Geschichtsverfälschung noch Verharmlosung von Naziverbrechern und ihrer Organisationen toleriert werden. Das Verbot von Riga ist ein wichtiges Signal in diesem Sinne.

Gegen SS-Verherrlichung und Geschichtsrevisionismus

2. März 2009

SS-Treffen in Lettland verhindern!

Am 16. März planen ehemalige Angehörige von SS-Verbänden und Neofaschisten in Riga (Lettland) einen Aufmarsch zu Ehren der Waffen-SS als « nationale Befreier Lettlands ». Die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten, die Dachorganisation von Vereinigungen ehemaliger Widerstandskämpfer, Partisanen, Deportierten und Internierten sowie Opfern der faschistischen Verbrechen und Antifaschisten heutiger Generationen aus 25 Ländern Europas und Israel fordert den Präsidenten der Republik Lettland und das Lettische Parlament auf, dieses Treffen mit allen politischen Mitteln zu verhindern.

Wir erinnern daran, dass durch den Internationalen Gerichtshof von Nürnberg 1946 die SS und alle ihre Einheiten – einschließlich der Waffen-SS – als kriminelle Organisation verurteilt wurden, die für zahllose Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich waren. Dieses Urteil der Gemeinschaft der Völker hat bis heute Gültigkeit. Die jüngste Generalversammlung der Vereinten Nationen unterstrich dies in einer Resolution am 4. November 2008 und kritisierte alle Versuche der Verherrlichung der faschistischen Bewegung und der früheren Angehörigen der Waffen-SS, einschließlich der Errichtung von Denkmälern zur Glorifizierung dieser verbrecherischen Organisationen als « nationale Befreiungsbewegungen ».

Wir erinnern daran, dass die Fundamente des neuen Europas die Gemeinsamkeiten der Anti-Hitler-Koalition und der gemeinsame Kampf gegen die faschistische Barbarei sind. In diesem Europa dürfen weder Geschichtsverfälschung noch Verharmlosung von Naziverbrechern und ihrer Organisationen toleriert werden.

Wir fordern von den politisch Verantwortlichen in Lettland, diesem Treiben mit aller politischen Energie entgegenzutreten.

Wir rufen die demokratischen und antifaschistischen Kräfte in Lettland und darüber hinaus auf, in den verschiedenen Formen der Zivilgesellschaft ihren Protest gegen diese geschichtspolitische Provokation in die Öffentlichkeit zu bringen.

Wir appellieren an die Mitgliedsverbände der FIR und die antifaschistische Öffentlichkeit, durch Schreiben an ihre eigenen Regierungen und die Botschaften Lettlands in ihren Ländern gegen den Skandal eines solchen SS-Treffens zu protestieren.

Wir appellieren an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments, ihren politischen Einfluss gelten zu machen, dass dieses SS-Treffen nicht zustande kommen kann. Wer einen angemessenen Platz in der Gemeinschaft europäischer Völker haben will, muss sich gegen faschistische Traditionspflege und Neofaschismus engagieren.

Nie wieder ein SS-Europa!

« Geh Denken » in Dresden

13. Februar 2009

Demonstration mit Kundgebungen gegen Europas größten Naziaufmarsch

Am 14. Februar 2009 demonstrierten Menschen aus Deutschland und Europa in Dresden gegen einen Aufmarsch der extremen Rechten. Auf der Auftaktkundgebung sprach Dr. Ulrich Schneider als Generalsekretär der FIR.

Wir dokumentieren die Rede.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde,

ich spreche hier als Vertreter der Fédération International des Résistantes (FIR), der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer – Bund der Antifaschisten. Die FIR ist die Dachorganisation der Verbände ehemaliger Partisanen, Widerstandskämpfer, Deportierter, Internierter und Verfolgter sowie Antifaschisten heutiger Generationen mit Mitgliedsverbänden in 25 Ländern Europas und in Israel. In den fast sechs Jahrzehnten Ihres Bestehens trat und tritt die FIR ein für die politische Verwirklichung des Vermächtnisses der Überlebenden der Konzentrationslager und faschistischen Haftstätten:

Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!

Wir sehen hierin bis heute die Verpflichtung aktiv zu werden gegen alle Formen der Rehabilitierung des Faschismus und gegen das Auftreten alt- und neofaschistischer Gruppen und Kräfte in verschiedenen Ländern Europas. Im September 2008 waren wir Teil der großartigen Aktionen der 40.000 gegen das geplante europäische Rassisten-Treffen von « Pro Köln » und natürlich unterstützen wir heute gemeinsam mit unseren Mitgliedsverbänden aus Deutschland und den angrenzenden europäischen Nachbarländern die Aktion gegen den Aufmarsch neofaschistischer Kräfte aus verschiedenen Ländern hier in Dresden.

Als der Aufruf « Geh-Denken » veröffentlicht wurde, haben wir ihn sofort unterzeichnet und unsere Mitgliedsverbände eingeladen, diese Aktion zu unterstützen. Und ich habe die Rückmeldung, dass heute insbesondere junge Teilnehmer aus Polen, Tschechien, Österreich, den Niederlanden und Ungarn an den verschiedenen Sternmärschen teilnehmen werden.

Ich grüße diese Mitstreiter aus den Nachbarländern. So schaffen wir gegen das « braune Netz » die Internationale des Antifaschismus.

Ich selber stehe hier auch als Vertreter des deutschen Verbandes der FIR, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten. Unsere Organisation unterstützt durch die Basisorganisation, als Landesverband und auf Bundesebene seit vielen Jahren den Protest in Dresden gegen die Nazi-Provokationen. Denn der Aufmarsch der « freien Kameradschaften » und der « Jungen Landsmannschaft Ostpreußen » ordnet sich ein in das politische Konzept der NPD, die gerade in Sachsen bis in die Parlamente hinein Einfluss hat.

Wir sind der Meinung, diese Partei ist von Inhalt, politischer Praxis und organisatorischer Struktur eine durch und durch antidemokratische Organisation. Sie gehört nicht unter das Parteienprivileg – sie gehört nach unserem Grundgesetz verboten!

Aus diesem Grund hatten wir vor einiger Zeit die Kampagne « NoNPD » gestartet. Innerhalb von gut 9 Monaten wurden über 175.000 Unterschriften für ein NPD-Verbot gesammelt. Dies war ein großartiger Erfolg, an dem viele Menschen beteiligt waren.

Leider sind viele Abgeordneten des Deutschen Bundestages, an die sich dieser Appell richtete, ziemlich beratungsresistent. Also kommt es nun darauf an, unseren Appell zu verstärken. Wir haben vorgeschlagen, Argumente für ein NPD-Verbot oder richtiger « 5000 gute Gründe gegen die NPD » beizusteuern.

Jede Aktion der demokratischen Kräfte, jeder Protest gegen Naziaufmärsche, gewalttätige Übergriffe oder rassistische Vorfälle ist ein solches Argument. Und heute liefert ihr uns hier in Dresden ein tausendfaches Argument für ein NPD-Verbot.

Dafür möchte ich euch danken.

Zum Schluss habe ich noch einen Vorschlag zu unterbreiten, da meiner Meinung nach mit der heutigen Aktion die Frage eines angemessenen Gedenkens der Opfer der Bombardierung Dresdens nicht abschließend geklärt ist. Was kann man tun, dass beispielsweise Neonazis sich nicht an den « offiziellen » Gedenkfeierlichkeiten der Stadt auf dem Heidefriedhof beteiligen?

Ich habe dazu einen konkreten Vorschlag:

Die gesellschaftlichen Organisationen und offiziellen Körperschaften sollten in der Gedenkveranstaltung deutlich machen, dass auch die Bombenopfer in der Tat Opfer der eigenen faschistischen Politik wurden und der Faschismus – auch in Dresden – zahllose zusätzliche Opfer unter der nichtdeutschen Bevölkerung gebracht hat.

Diesen Zusammenhang kann man auf dem Heidefriedhof deutlich machen, wenn man nicht nur den Gedenkstein für die Bombennacht, sondern auch die Stele der FIR, die zur Erinnerung an alle ausländischen Opfer faschistischer Politik dort errichtet wurde, in dieses Gedenken integriert. Ich bin mir sicher, dann würden NPD und andere Geschichtsrevisionisten, denen es nur um « Die Deutschen als Opfer » geht, von dieser Veranstaltung fern bleiben.

Damit wäre nicht nur ein würdiges Gedenken der Toten möglich, es wäre auch die richtige historische Dimensionierung der Erinnerung.

Damit könnte Dresden ein Zeichen setzen:

Gegen Geschichtsrevisionismus und falschen Opferkult – Für ein Gedenken im Sinne der Völkerverständigung und der gemeinsamen Losung: « Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln und Schaffung einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit », wie es die überlebenden Häftlinge des KZ Buchenwald geschworen haben.

Erklärung der FIR aus Anlass des Auschwitz-Gedenktages

26. Januar 2009

Der 27. Januar 1945 ist für die Menschheit ein historisches Datum. An diesem Tag wurden die verbliebenen Häftlinge des Vernichtungslager Auschwitz durch sowjetische Truppen befreit. Damit endete die Geschichte eines der schlimmsten Ortes der faschistischen deutschen Vernichtungspolitik. Zu Recht wurde dieses Datum von der Weltgemeinschaft zum Gedenktag für alle Opfer der faschistischen Verfolgung aus rassischen, religiösen oder politischen Gründen gewählte.

Die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten begrüßt, dass seit vielen Jahren Regierungen und Initiativen der Zivilgesellschaft dieses Datum im Gedenken an die Opfer des Faschismus mit würdigen Veranstaltungen begehen.

Das Gedenken an den 27. Januar muss aber auch verbunden sein mit einem Nachdenken über die Wurzeln des Faschismus, über die Menschheitsverbrechen und die Täter sowie die politischen Konsequenzen für heute und morgen. Dabei ist es ebenso wichtig, dass auch die Überlebenden der faschistischen Verfolgung und die Widerstandskämpfer selber – soweit sie es noch können – Zeugnis ablegen.

Deshalb begrüßt die FIR ausdrücklich, dass die Präsidenten der Internationalen Lagerkomitees der Überlebenden ehemaliger Konzentrations- und Vernichtungslager am Vorabend dieses Tages ein « Vermächtnis » an die nachgeborenen Generationen vorgestellt haben. Hierin fordern sie den Schutz der Erinnerung und der Gedenkorte. Sie appellieren an die Gesellschaft, sich in diesem Sinne zu engagieren.

Die FIR als Dachorganisation ehemaliger Widerstandskämpfer und Partisanen, Deportierter und Verfolgter sowie Antifaschisten der heutigen Generationen ist bereit, diese Verantwortung für die Bewahrung des Vermächtnisses zu übernehmen.

Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!

Für eine « neue Welt des Friedens und der Freiheit »!

Grußwort zum 60. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

9. Dezember 2008

Brüssel/Bonn, den 6. Oktober 2008

Sehr geehrte Mitglieder der FIR,

Sie ist das am meisten übersetzte Dokument der Welt und in mehr als 360 Sprachen erhältlich. Sie hat die Verfassungen von vielen – gerade unabhängig gewordenen – Staaten und jungen Demokratien inspiriert und wurde zum Maßstab für das, was wir als richtig oder falsch kennen – oder kennen sollten. Das ganze Jahr über veranstaltet die UNO eine Kampagne zum 60. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Sie soll die Menschen weltweit daran erinnern, dass die Allgemeine Erklärung das erste weltweite Zeichen dafür war, was wir heute als selbstverständlich erachten: die angeborene Würde und Gleichheit aller Menschen.

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte wurde am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen beschlossen, als eine Reaktion auf die entsetzlichen Gräueltaten während des Zweiten Weltkriegs. Sie ist das bekannteste Menschenrechtsdokument und bildet gleichzeitig den Grundstein für den internationalen Menschenrechtsschutz.

Bis zum Zweiten Weltkrieg waren Menschenrechte und ihr Schutz fast ausschließlich Angelegenheit jedes einzelnen Staates. Doch schon in den Jahren vor 1945 hatten Politiker begonnen, Maßnahmen zu ergreifen, um den Frieden nach dem Krieg weltweit zu sichern und langfristig zu wahren. Zum ersten Mal in der Geschichte war damit für alle Menschen ein Katalog von Rechten formuliert worden – ohne Rücksicht auf Geschlecht, soziale Herkunft, politische Überzeugung oder kulturelle Tradition. Das Schicksal des Einzelmenschen im Verhältnis zur Staatsgewalt sollte zu einer Angelegenheit der internationalen Gemeinschaft werden.

So hatte die damalige First Lady der USA, Eleanor Roosevelt, mit der Gründung der United Nations Associaton bereits im Jahr 1943 die Entstehung der Vereinten Nationen unterstützt. Ende der vierziger Jahre, kurz nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges antwortete Eleanor Roosevelt auf die Frage nach der Entstehung der Menschenrechte wie folgt: « Menschenrechte beginnen an den kleinen Plätzen, nahe dem eigenen Heim. So nah und so klein, dass diese Plätze auf keiner Landkarte der Welt gefunden werden können. Solange diese Rechte dort keine Geltung haben, sind sie auch woanders nicht von Bedeutung. » Jeder einzelne steht also in der Verantwortung in seinem persönlichen Umfeld die Menschenrechte zu schützen. Denn genau seit jener Zeit wissen wir, wie wichtig die Verantwortung eines jeden ist. Keiner darf, auch heute nicht, seine Augen vor Menschenrechtsverletzungen verschließen. Genau das ist auch die Haltung, die die Arbeit der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer so bedeutsam macht.

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, verabschiedet von der Generalversammlung der Vereinten Nationen und bindend für alle Länder weltweit, soll künftige Generationen vor der Bedrohung und der Zerstörung durch Kriege bewahren. Sie beinhaltet allerdings nur Empfehlungen und kann in ihrer Grundstruktur lediglich eine Erklärung sein. Sie ist kein Vertrag.

Heute ist die Allgemeine Erklärung genauso bedeutungsvoll wie am Tag ihrer Annahme. Die grundlegenden Freiheiten jedoch, die sie festlegt, sind immer noch nicht für jeden zur Realität geworden. Zu oft fehlt es Regierungen am politischen Willen, die internationalen Normen umzusetzen, die sie bereitwillig akzeptiert haben.

Dieses Jubiläumsjahr bietet eine Chance sicherzustellen, dass die Menschenrechte eine lebendige Realität sind – damit sie bekannt, verstanden und von jedem Menschen und überall genossen werden. Frieden, Verständigung und Freiheit bilden die Grundlage für die Einhaltung der Menschenrechte. Dafür sind wir alle verantwortlich und deshalb müssen wir alle nach Verbesserungen suchen.

Ihnen allen wünsche ich viel Erfolg bei Ihrer wichtigen Aufgabe.

Für eine bessere Welt

9. Dezember 2008

Die « Allgemeine Deklaration der Menschenrechte » der Vereinten Nationen ist ein zentrales politisches Dokument der Nachkriegsgeschichte. Die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass das politische Fundament für die Gründung der UNO und die Verabschiedung dieser Deklaration der Freiheitskampf der Völker und Nationen gegen die faschistische Barbarei war.

Bereits die Überlebenden des KZ Buchenwald forderten im April 1945 als Konsequenz: « Schaffung einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit! » Deren Prinzipien wurden in der « Allgemeine Deklaration der Menschenrechte » ausformuliert.

Die Ziele der Deklaration gründen auf den Idealen der Französischen Revolution und deren Versprechen von « Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit ». Diese Ideale hatte der Faschismus in Ideologie und politischer Praxis versucht zurückzudrängen. Das gemeinsame Handeln der Völker im antifaschistischen Kampf überwand diese Bedrohung.

Natürlich wissen wir, dass die Prinzipien der « Allgemeinen Deklaration der Menschenrechte » noch lange nicht die politische und gesellschaftliche Realität in der heutigen Welt bestimmen. Dabei haben wir aber keinen Anlass, mit dem Finger nur in eine Richtung zu zeigen. Menschenrechte lassen sich nicht auf Freiheit der Meinungsäußerung oder den Zugang zum Internet reduzieren. Selbst in den entwickelten Industriestaaten sind grundlegende Rechte und Freiheiten oftmals nicht gewährleistet, wie insbesondere das Recht auf Arbeit und Bildung, das Recht auf menschenwürdige Unterkunft oder der Schutz vor rassischer Diskriminierung.

Die FIR und ihre Mitgliedsverbände treten heute und zukünftig ein für die Verwirklichung der Ideale der « Allgemeinen Deklaration der Menschenrechte » in ihrer Gesamtheit. Diese Rechte werden den Menschen nicht geschenkt. Solche Rechte und Freiheiten sind – so lehrt die geschichtliche Erfahrung – nur durch gesellschaftliche Kämpfe verwirklichbar. Die Veteranen des antifaschistischen Kampfes und die Antifaschisten heutiger Generationen sind Mitstreiter in solchen Bewegungen.

So verstanden ist die Erinnerung an den 60. Jahrestag der « Allgemeinen Deklaration der Menschenrechte » kein « leeres Gedenken », sondern eine Aufforderung zum Handeln für eine bessere Welt.

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