13. Februar 2009
Demonstration mit Kundgebungen gegen Europas größten Naziaufmarsch
Am 14. Februar 2009 demonstrierten Menschen aus Deutschland und Europa in Dresden gegen einen Aufmarsch der extremen Rechten. Auf der Auftaktkundgebung sprach Dr. Ulrich Schneider als Generalsekretär der FIR.
Wir dokumentieren die Rede.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde,
ich spreche hier als Vertreter der Fédération International des Résistantes (FIR), der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer – Bund der Antifaschisten. Die FIR ist die Dachorganisation der Verbände ehemaliger Partisanen, Widerstandskämpfer, Deportierter, Internierter und Verfolgter sowie Antifaschisten heutiger Generationen mit Mitgliedsverbänden in 25 Ländern Europas und in Israel. In den fast sechs Jahrzehnten Ihres Bestehens trat und tritt die FIR ein für die politische Verwirklichung des Vermächtnisses der Überlebenden der Konzentrationslager und faschistischen Haftstätten:
Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!
Wir sehen hierin bis heute die Verpflichtung aktiv zu werden gegen alle Formen der Rehabilitierung des Faschismus und gegen das Auftreten alt- und neofaschistischer Gruppen und Kräfte in verschiedenen Ländern Europas. Im September 2008 waren wir Teil der großartigen Aktionen der 40.000 gegen das geplante europäische Rassisten-Treffen von „Pro Köln“ und natürlich unterstützen wir heute gemeinsam mit unseren Mitgliedsverbänden aus Deutschland und den angrenzenden europäischen Nachbarländern die Aktion gegen den Aufmarsch neofaschistischer Kräfte aus verschiedenen Ländern hier in Dresden.
Als der Aufruf „Geh-Denken“ veröffentlicht wurde, haben wir ihn sofort unterzeichnet und unsere Mitgliedsverbände eingeladen, diese Aktion zu unterstützen. Und ich habe die Rückmeldung, dass heute insbesondere junge Teilnehmer aus Polen, Tschechien, Österreich, den Niederlanden und Ungarn an den verschiedenen Sternmärschen teilnehmen werden.
Ich grüße diese Mitstreiter aus den Nachbarländern. So schaffen wir gegen das „braune Netz“ die Internationale des Antifaschismus.
Ich selber stehe hier auch als Vertreter des deutschen Verbandes der FIR, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten. Unsere Organisation unterstützt durch die Basisorganisation, als Landesverband und auf Bundesebene seit vielen Jahren den Protest in Dresden gegen die Nazi-Provokationen. Denn der Aufmarsch der „freien Kameradschaften“ und der „Jungen Landsmannschaft Ostpreußen“ ordnet sich ein in das politische Konzept der NPD, die gerade in Sachsen bis in die Parlamente hinein Einfluss hat.
Wir sind der Meinung, diese Partei ist von Inhalt, politischer Praxis und organisatorischer Struktur eine durch und durch antidemokratische Organisation. Sie gehört nicht unter das Parteienprivileg – sie gehört nach unserem Grundgesetz verboten!
Aus diesem Grund hatten wir vor einiger Zeit die Kampagne „NoNPD“ gestartet. Innerhalb von gut 9 Monaten wurden über 175.000 Unterschriften für ein NPD-Verbot gesammelt. Dies war ein großartiger Erfolg, an dem viele Menschen beteiligt waren.
Leider sind viele Abgeordneten des Deutschen Bundestages, an die sich dieser Appell richtete, ziemlich beratungsresistent. Also kommt es nun darauf an, unseren Appell zu verstärken. Wir haben vorgeschlagen, Argumente für ein NPD-Verbot oder richtiger „5000 gute Gründe gegen die NPD“ beizusteuern.
Jede Aktion der demokratischen Kräfte, jeder Protest gegen Naziaufmärsche, gewalttätige Übergriffe oder rassistische Vorfälle ist ein solches Argument. Und heute liefert ihr uns hier in Dresden ein tausendfaches Argument für ein NPD-Verbot.
Dafür möchte ich euch danken.
Zum Schluss habe ich noch einen Vorschlag zu unterbreiten, da meiner Meinung nach mit der heutigen Aktion die Frage eines angemessenen Gedenkens der Opfer der Bombardierung Dresdens nicht abschließend geklärt ist. Was kann man tun, dass beispielsweise Neonazis sich nicht an den „offiziellen“ Gedenkfeierlichkeiten der Stadt auf dem Heidefriedhof beteiligen?
Ich habe dazu einen konkreten Vorschlag:
Die gesellschaftlichen Organisationen und offiziellen Körperschaften sollten in der Gedenkveranstaltung deutlich machen, dass auch die Bombenopfer in der Tat Opfer der eigenen faschistischen Politik wurden und der Faschismus – auch in Dresden – zahllose zusätzliche Opfer unter der nichtdeutschen Bevölkerung gebracht hat.
Diesen Zusammenhang kann man auf dem Heidefriedhof deutlich machen, wenn man nicht nur den Gedenkstein für die Bombennacht, sondern auch die Stele der FIR, die zur Erinnerung an alle ausländischen Opfer faschistischer Politik dort errichtet wurde, in dieses Gedenken integriert. Ich bin mir sicher, dann würden NPD und andere Geschichtsrevisionisten, denen es nur um „Die Deutschen als Opfer“ geht, von dieser Veranstaltung fern bleiben.
Damit wäre nicht nur ein würdiges Gedenken der Toten möglich, es wäre auch die richtige historische Dimensionierung der Erinnerung.
Damit könnte Dresden ein Zeichen setzen:
Gegen Geschichtsrevisionismus und falschen Opferkult – Für ein Gedenken im Sinne der Völkerverständigung und der gemeinsamen Losung: „Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln und Schaffung einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit“, wie es die überlebenden Häftlinge des KZ Buchenwald geschworen haben.