(Deutsch) „Der Balkan – eine Zone des Friedens, der Verständigung und der Zusammenarbeit“
26. Mai 2018
Unter diesem anspruchsvollen Titel fand am 5./6. Mai 2018 in Belgrad eine internationale antifaschistische Konferenz auf Einladung des serbischen Veteranenverbandes SUBNOR statt. Wer die aktuelle Situation in den verschiedenen ehemals jugoslawischen Staaten und die Konflikte untereinander im Blick hat, konnte nur erstaunt sein über diese Initiative. Eine „Zone des Friedens“ ist diese Region in keiner Weise, wenn man allein die massiven Versuche der NATO, ihren Einfluss dort auszuweiten, die Auseinandersetzungen im Kosovo oder den nationalistisch aufgeheizten Namensstreit um Mazedonien betrachtet. Umso überraschender war es, dass unter den 100 Gästen der Konferenz elf verschiedene nationale Delegationen aus allen Staaten des ehemaligen Jugoslawiens, aus Albanien, Griechenland, Ungarn, Bulgarien und Vertreter der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) waren. Allein das war bereits ein bemerkenswertes Resultat dieser Konferenz.
Wie wichtig diese Tagung in Serbien genommen wurde, zeigten die Anwesenheit und Grußworte von zwei Ministern der serbischen Regierung bei der Eröffnung der Konferenz sowie eine breite Resonanz von Fernsehen und Printmedien. Auch die Anwesenheit des Garderegimentes der serbischen Armee bei der gemeinsamen Kranzniederlegung am „Denkmal für die Befreier“ von 1944 war eine große Anerkennung dieser Tagung.
Es war das politische Anliegen, von serbischer Seite ein Signal der Verständigung auf der Basis der Erinnerung an den gemeinsamen antifaschistischen Kampf an die Nachbarstaaten zu senden. Zu dieser Erinnerung gehört auch der völkerrechtswidrige Angriff der NATO und der Bundeswehr im Jahre 1999, der in mehreren Redebeiträgen thematisiert wurde. Insgesamt bezogen sich die meisten Statements auf den Partisanenkampf und die daraus zu ziehenden politischen Schlussfolgerungen für heute. Hier wurde auch die Kompliziertheit der Verständigung deutlich. Fast alle Delegationen bemühten sie sich, ihren „nationalen Anteil“ am Befreiungskampf besonders herauszustreichen. Gleichzeitig war deutlich, dass die antifaschistischen Traditionen Jugoslawiens trotz aller Bestrebungen der Umschreibung der Geschichte noch lebendig sind. Gemeinsam wurden alle Angriffe auf diese Erinnerung und die zahlreichen Formen der Geschichtsrevision in den verschiedenen Ländern zurückgewiesen.
Bezogen auf die Fragen der Gegenwart stellte sich die Zusammenarbeit weit komplizierter dar. Indirekte „Schuldzuweisung“ bezogen auf die Zerstörung der jugoslawischen Föderation waren ebenso zu erleben wie die Konflikte um die staatliche Einheit in Bosnien-Herzegowina, wo neben der zentralen Organisation der Antifaschisten und Veteranen auch eine eigenständige Organisation in der Republik Srbska besteht. Die einladende Organisation SUBNOR war sichtlich bemüht, einen Ausgleich zwischen diesen divergierenden Bestrebungen zu suchen. Dass dies zulasten der politischen Klarheit der Abschlusserklärung ging, kann nicht überraschen. Deren politischer Wert lag mehr in der gemeinsamen Unterzeichnung durch alle elf Delegationen, weniger in der Differenziertheit der Erklärung der Ursachen und Konsequenzen. Verabredet wurde auch die Fortsetzung dieser Kontakte. Das wäre ein großer Gewinn für eine friedlichere Entwicklung auf dem Balkan.