Nachruf Giacomo Notari (1927 – 2024)

29. November 2024

Mit Trauer und Respekt vor seiner Lebensleistung nehmen wir Abschied von Giacomo Notari, Partisan und langjähriger Zeitzeuge der italienischen Resistanza. Wenige Tage vor seinem 97. Geburtstag starb er in seinem Heimatort Marmoreto di Busana (Reggio Emilia).

Geboren am 6. Dezember 1927 fand er – wie sein Bruder Giuseppe – schon als Jugendlicher den Weg zu den Partisanen. Er schloss sich im Alter von 17 Jahren der 145. Garibaldi-Brigade »Franco Casoli« an. Sein Kampfnamen lautete „Willy“. Deren Operationsgebiet waren die Berge nahe bei Reggio und das Gebiet um Ligonchio, Busana und Cervarezza. Er nahm teil an Sabotageaktionen gegen Brücken und Telefonverbindungen. Von besonderer Bedeutung war beim Rückzug der deutschen Einheiten im April 1945 die Verteidigung des Wasserkraftwerks von Ligonchio gegen die geplante Zerstörung. Sein Bruder Giuseppe fiel am 11. März 1945. Giacomo Notari war nicht nur ein Kämpfer, er war ein überzeugter Antifaschist und wurde als Partisan Mitglied der kommunistischen Partei. Nach Kriegsende wechselte er zwischen der Arbeit auf den Feldern seines Vaters und dem politischen Engagement für einen antifaschistischen Neubeginn. Er besuchte Abendkurse an der „Parteischule“ in Bologna, wurde er Gemeinderatsmitglied in Busana und Anfang der 1960er Jahre in den Provinzrat gewählt. Von 1970 bis 1983 war er Bürgermeister von Ligonchio und von 2002 bis 2016 Präsident von ANPI der Provinz Reggio Emilia. Diese Aufgabe verband er mit seinem großen Engagement als Zeitzeuge. Er initiierte und unterstützte regionale Gedenkarbeit sowie die Ausstellung „Banditi e rebelli“, die auch international Anerkennung fand. Bei dieser Arbeit war er mit der FIR verbunden.

Bis zuletzt lebte Giacomo Notari in seinem Heimatort Marmoreto di Busana. Er starb Ende November 2024. Wir drücken seiner Familie und seinen Kameraden von ANPI unser tiefes Mitgefühl zum Verlust dieser wichtigen antifaschistischen Persönlichkeit aus.

April 2025 – Internationales Jugendtreffen in Buchenwald

27. September 2024

Manche werden sich noch an das Frühjahr 2008 erinnern, als eingeladen von der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) und dem damaligen „Institut des Veterans“ (IV) (Belgien) unter dem Titel „Train des Milles“ („Zug der Tausend“) ein internationales Jugendtreffen in der KZ Gedenkstätte Buchenwald stattfand. Der Titel des Treffens erinnerte an die historischen Deportationszügen von Brüssel in die Vernichtungslager in Osten, bei denen pro Zug ungefähr 1000 Menschen in die Vernichtung verschleppt wurden. Ein großer Teil der Teilnehmenden aus ganz Europa startete in der belgischen Hauptstadt und fuhr mit einem Sonderzug nach Weimar, wo das Jugendtreffen stattfand. In Weimar wurden sie von mehreren hundert jungen Menschen aus Thüringen und anderen Teilen der BRD erwartet. Dort beschäftigten sie sich mit der Geschichte des KZ Buchenwald und Mittelbau-Dora und nahmen an verschiedenen Veranstaltungen teil. Damals gab es noch die Gelegenheit, mit Zeitzeugen zu sprechen. Großen Eindruck machte der Gedenkmarsch von Weimar auf den Ettersberg. Dort endete das Treffen nach der Veranstaltung des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos (IKBD) mit einer „Kundgebung der Jugend“ am Glockenturm. Hier sprachen Vertreter des IKBD, der belgischen Regierung und Jugendliche, die mit ihren Worten das Vermächtnis der Überlebenden von Buchenwald bekräftigten. In Erinnerung blieb nicht nur das Gedenken, sondern auch die europäische Begegnung junger Menschen unter dem Label der antifaschistischen Erinnerung. Wenn heute von einem geeinten Europa gesprochen wird, dann ist es das gemeinsame Handeln aller Teile der Anti-Hitler-Koalition als Grundlage dieser transnationalen Einheit.

In den Folgejahren fanden weitere Jugendtreffen in diesem Format in der Gedenkstätte Auschwitz statt, dieses Mal unterstützt von der Fondation Auschwitz (Belgien). 2020 fiel ein bereits vorbereitetes Jugendtreffen der Corona-Pandemie zum Opfer. Dennoch waren alle Beteiligten der Überzeugung, dass diese Form der geschichtspädagogischen Arbeit mit jungen Menschen fortgesetzt werden sollte. Im Herbst vergangenen Jahres stellten Jean Cardoen und Jill Lampaert auf dem Kongress in Barcelona ihre Erfahrungen mit Besuchen in der KZ Gedenkstätte Buchenwald vor und präsentierten bereits dort das geplante Projekt eines Internationalen Jugendtreffens. Nach verschiedenen Vorgesprächen hat es sich soweit konkretisiert, dass wir hiermit allen Mitgliedsverbänden und Interessierten erste verbindliche Informationen bereitstellen können.

Für den April 2025 bereiten nun das belgische „War Heritage Institut“ (WHI – Nachfolgerin des IV) und die FIR in Absprache mit dem IKBD eine Wiederholung der beeindruckenden Jugendaktion von 2008 anlässlich der Befreiungsfeier des IKBD in Buchenwald vor.
Geplant ist die Anreise aller Teilnehmenden am Freitag (4. April 2025), am Samstag und Sonntag wird es intensive inhaltliche Angebote geben, die Rückreise der ausländischen Teilnehmenden ist am Montag (7. April 2025) vorgesehen. Diese Terminierung ist mit dem IKBD und der Gedenkstätte Buchenwald abgestimmt. Geplant sind bislang geführte Besuche in der KZ Gedenkstätte von Jugendlichen für Jugendliche, Gesprächsrunden zur Erinnerungsarbeit, ein gemeinsames Konzert, der Gedenkmarsch von Weimar auf den Ettersberg und die Teilnahme an der Kundgebung des IKBD anlässlich des 80. Jahrestages der Selbstbefreiung. Dort ist vorgesehen, dass der Schwur von Buchenwald für die nachgeborenen Generationen wiederholt werden soll. Als Abschluss ist auch in diesem Jahr eine Jugendkundgebung geplant sowie – optional – ein kurzer Besuch in Weimar als „Stadt der Klassik“ und der frühen NSDAP-Herrschaft.

Wichtig ist es für alle Interessierten, bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 politische und gesellschaftliche Jugendgruppen, Lehrkräfte und andere Multiplikatoren anzusprechen, um zeitnah einen Überblick über die zu erwartende Zahl der Teilnehmenden zu bekommen. In Abstimmung mit dem Thüringer Jugendherbergsverband sind Übernachtungskapazitäten reserviert, die jedoch bis Jahresende verbindlich gebucht werden müssen.
Unverzichtbar ist, dass sich alle Jugendlichen im Vorfeld der Begegnung inhaltlich mit der Geschichte des KZ Buchenwald und der Bedeutung des Gedenkens für heute und morgen beschäftigen. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, damit dieses Treffen nicht nur ein symbolisches „Ein-Tages-Ereignis“ bleibt, sondern ihre Wirkung für die Sensibilisierung junger Menschen für die Zukunft entfalten kann.

Gemeinsamer Aufruf für Weltfrieden und Sicherheit

23. März 2024

Anlässlich eines Treffens des Präsidenten des Weltveteranenverbandes (WVF) und des Präsidenten der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten in Budapest wurde nachfolgender Appell veröffentlicht:

Wir, der Präsident des Weltverbands der Kriegsveteranen und der Präsident der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer, sind zutiefst besorgt über die anhaltenden Konflikte und Feindseligkeiten auf der ganzen Welt, die Leid und Not unter unschuldigen Zivilbevölkerungen verbreiten. Wir unterstützen vorbehaltlos Friedensbemühungen in den andauernden Konflikten, die auf Gerechtigkeit beruhen und im Einklang mit dem Völkerrecht und der Charta der Vereinten Nationen stehen. Wir fordern die unverzügliche Einstellung von Vernichtungsakten gegen die Menschlichkeit.
Die jüngsten Ereignisse auf der ganzen Welt erinnern uns daran, dass dringend gehandelt werden muss, um der Gewalt ein Ende zu setzen, und wir verurteilen Angriffe auf Zivilisten und wichtige Infrastrukturen aufs Schärfste, da sie eine schwere Verletzung des humanitären Völkerrechts darstellen. Wir fordern alle Parteien nachdrücklich auf, ihren diesbezüglichen Verpflichtungen nachzukommen und einen ungehinderten humanitären Zugang zu den betroffenen Bevölkerungsgruppen zu ermöglichen.
Wir appellieren an das Gewissen aller an diesen Konflikten beteiligten Akteure, der Gewalt unter Berücksichtigung ihrer völkerrechtlichen Verpflichtungen ein Ende zu setzen.
Gemeinsam, vereint in unserem Engagement für Frieden und kollektive globale Sicherheit, rufen wir eindringlich dazu auf, unsere Bemühungen um die Beendigung von Konflikten und den Aufbau einer besseren Zukunft für alle Völker der Welt zu unterstützen.

FIR gratuliert zum Internationalen Frauentag

8. März 2024

Es ist beileibe keine neue Erkenntnis, aber sie muss immer wieder betont werden, dass in den Reihen der Anti-Hitler-Koalition Frauen einen unverzichtbaren Platz eingenommen haben. Sie gehörten zu den aktiven Kämpferinnen in den Reihen der sowjetischen Partisanen, wie Zoia Kosmodemjanskaja, an die wir vor einiger Zeit in dem FIR-Bulletin erinnert haben. Es waren Kämpferinnen in der illegalen Widerstandsbewegung, wie die Niederländerin Hannie Schaft, das „Mädchen mit den roten Haaren“, oder sie waren aktiv im studentischen Widerstand, wie Sophie Scholl, Mitglied der deutschen Gruppe „Weiße Rose“. Wir nennen diese drei Namen im Wissen, dass in allen Ländern, in denen es antifaschistischen Widerstand gab, Frauen in den Reihen der Widerstandsbewegung eine großartige Rolle gespielt haben. Unter Lebensgefahr kämpften sie für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte, für internationale Solidarität und ein friedliches Zusammenleben der Völker. Diese Frauen haben zudem die ihnen zugewiesene tradierte Geschlechterrolle durchbrochen und ihre Emanzipation gelebt.
Als sie nach der Zerschlagung der faschistischen Barbarei ihre gesellschaftliche Rolle neu definieren wollten, mussten sie oftmals erleben, dass die männlichen Herrschaftsmechanismen nicht allein durch die Überwindung der alten Ordnung aufgehoben waren. Vielfach mussten sie im politischen und gesellschaftlichen Alltag die tatsächliche Gleichberechtigung und Anerkennung der Geschlechtergerechtigkeit durchsetzen. Auch dabei leisteten sie einen großartigen Beitrag.
In vielen Mitgliedsverbänden der FIR haben Frauen eine wichtige Rolle gespielt und ihre Perspektive deutlich gemacht. Die FIR hat die Wertschätzung dieser Lebensleistung durch die Ernennung als Mitglieder des Ehrenpräsidiums zum Ausdruck gebracht, z.B. mit Esther Bejarano (Deutschland), Celine van de Hoek de Vries (Niederlande), Lore Krüger (Deutschland), Barbara Piotrowska (Polen), Delfina Tomás (Spanien) und Marie-Louise Vanderborght-Veldemann (Belgien).
Wir wissen sehr gut, dass mit symbolischen Anerkennungen die Geschlechtergerechtigkeit noch lange nicht alltägliche Wirklichkeit geworden ist. Dazu gehören auch die soziale Gerechtigkeit, wie es in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gefordert wird, gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, gleiche Zugang zu Bildung und Qualifikation, menschenwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen, Schaffung von Rahmenbedingungen zur Kinderbetreuung und Arbeitsteilung in der Haushalts- und Care-Arbeit, der es Frauen ermöglicht, ihren Platz im gesellschaftlichen Leben einzunehmen. Wir erinnern daran, wie viele Frauen ihren Kampf für Gleichberechtigung verbunden haben mit dem Eintreten für eine sozial gerechte, demokratische und friedliche Gesellschaft, so wie es schon beim Beschluss auf der ersten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz 1907 in Stuttgart von der deutschen Sozialistin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin propagiert wurde. Zwar standen zuerst die politische Gleichberechtigung und das Frauenwahlrecht im Zentrum, aber schon damals ging es auch um soziale Gleichheit.
Das bedeutet etwas vollkommen anderes, als heute medial in den Vordergrund geschobene „feministische“ Themen. Wer von „feministischer Außenpolitik“ redet und gleichzeitig für Militarisierung und Kriegsverlängerung eintritt, der tritt die Interessen der Frauen in allen Kriegsregionen mit Füßen. Wer die Unterdrückung von Frauen durch reaktionäre, religiös legitimierte Kleidungsvorschriften kritisiert, aber gleichzeitig rassistische Verfolgung und Ausgrenzung von Menschen mit muslimischen Hintergrund betreibt, steht nicht für Gleichberechtigung und Toleranz.
Die FIR und ihre Mitgliedsverbände verstehen daher den Internationalen Frauentag nicht als „Symboltag“ für Frauenemanzipation, sondern als Verpflichtung für uns alle, sich für diese Ziele 365 Tage im Jahr einzusetzen. In diesem Sinne wünschen wir allen Frauen in unseren Organisationen und darüber hinaus alles Gute zum Internationalen Frauentag mit der historischen Losung: „Brot und Rosen!“

FIR ist betroffen von Naziaufmarsch in Budapest

12. Februar 2024

Am 10. Februar gedachten in Budapest Antifaschisten aus mehreren europäischen Ländern auf Einladung der ungarischen antifaschistischen Organisation MEASZ des 79. Jahrestages der Befreiung der Stadt durch die sowjetische Armee, unterstützt durch den ungarischen Widerstand. Auf dieser Veranstaltung waren beeindruckende Reden zu hören von der stellvertretenden Bürgermeisterin von Budapest, Vertretern der Zivilgesellschaft und – als Höhepunkt – von der Holocaust-Überlebenden Katlin Sommer.
Antifaschisten aus Italien und Deutschland verurteilten in ihren Beiträgen die Art und Weise, wie die ungarische Justiz in einem Prozess gegen zwei junge Menschen handelt, die wegen einer Schlägerei mit politischen Gegner angeklagt sind. Wir sehen in diesem Verfahren eine grobe Missachtung des Rechtsstaates.
Wir sind zutiefst besorgt darüber, dass an diesem Tag mit Billigung und Unterstützung der ungarischen Regierung auf der anderen Seite des Flusses ein Naziaufmarsch zur Verherrlichung der SS, der Wehrmacht und ungarischer Kollaborateure mit weit über 1.000 Teilnehmern aus mehreren europäischen Ländern stattfinden konnte.
Wir sind zudem besorgt über die Tatsache, dass, während die ungarische Polizei den Naziaufmarsch schützte, gleichzeitig eine Gruppe deutscher und österreichischer Antifaschisten daran gehindert wurde, an der Gedenkveranstaltung zur Befreiung Budapests teilzunehmen. Die Polizei hielt deren Bus außerhalb von Budapest auf und kontrollierte so lange Zeit alle Mitfahrenden, so dass sie nicht rechtzeitig an der Zeremonie teilnehmen konnten.

Berlin/ Budapest 12.02.2024

Wir sind in großer Sorge – Frieden im Nahen Osten jetzt!

13. Dezember 2023

Seit mehr als zwei Monaten tobt erneut der Nahostkonflikt zwischen Israel und Palästina mit schrecklichen Folgen für alle dort lebenden Menschen. In aller Klarheit haben die FIR und ihre Mitgliedsverbände nach dem 7. Oktober die verbrecherischen Massaker der Hamas an den Zivilisten an der Grenze zum Gaza-Streifen und die Besucher des Musikfestivals verurteilt. Auch die Verschleppung von Zivilisten als Geiseln ist ein Verbrechen. Für uns gibt es keinen Zweifel an dem Recht des israelischen Staates auf seine territoriale Unversehrtheit.
Angesichts der militärischen Eskalation und den Folgen für die Zivilbevölkerung in Gaza haben wir von Anfang an für einen Waffenstillstand und die Aufnahme von Verhandlungen plädiert. Dieser Appell, der von Politikern aus der ganzen Welt vorgetragen wurde, wurde nicht gehört.
Die Konsequenzen sind für die Menschen in der Region verheerend. Die Vereinten Nationen sprechen bereits von über 15.000 Getöteten und mehrere zehntausend Verletzten, die aufgrund der Bombardierung von Kliniken durch den andauernden Einsatz der israelischen Armee im Gaza-Streifen keine medizinische Versorgung mehr bekommen. Blockademaßnahmen schränken die Versorgung der Bevölkerung in Gaza mit Lebensmitteln, Energie und anderen lebensnotwendigen Gütern massiv ein. Zudem erreichen uns Informationen über zunehmende Gewalttaten gegen Palästinenser in der Westbank, denen bereits mehrere hundert Menschen zum Opfer gefallen sind.

Es war ein positives Zeichen, dass es Unterhändlern aus Katar gelang, in mehreren Etappen einen Teil der Geiseln im Austausch mit in Israel gefangenen Palästinensern freizubekommen. Doch dieser Akt der Humanität stockt im Moment, weil eine Verhandlungsseite deutliche Vorbehalte gegenüber diesen Austausch zeigt.
Wir sind besorgt, dass die ausgewogene Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, die sich für einen sofortigen Waffenstillstand zum Schutz der Zivilbevölkerung aussprach, durch das Veto der USA verhindert wurde. Wir können nicht akzeptieren, wenn die friedensvermittelnde Rolle der Vereinten Nationen und ihres Generalsekretärs in diesem Konflikt als „einseitige Parteinahme“ denunziert wird.
Nur Verhandlungen können die Grundlage für eine Beendigung der Kampfhandlungen und eine Friedenslösung bieten. Wir sind enttäuscht, wenn der israelische Ministerpräsident öffentlich erklärt, das Osloer Friedensabkommen mit den Palästinensern in den 1990er-Jahren sei „eine Erbsünde“ gewesen.
Wir appellieren an alle Staaten, die Einfluss auf die beiden Kriegsparteien haben, sich für einen Waffenstillstand und den Beginn von Verhandlungen einzusetzen. Nur so können die verschleppten israelischen Geiseln gerettet und weitere Opfer unter der palästinensischen Zivilbevölkerung verhindert werden.
Dieser Krieg muss sofort beendet werden!

FIR Kongress in Barcelona mit konkreten Ergebnissen

2. November 2023

Ende Oktober reisten etwa 100 Delegierte und Gäste in Barcelona zum XIX regulären Kongress der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten. Sie kamen aus Norwegen und Marokko, aus Portugal, Italien und Griechenland, sowie Mitteleuropa und natürlich aus Spanien in die katalanische Hauptstadt. Der Kongress wurde hier abgehalten zum Gedenken an den 85. Jahrestag der „Despedida“, der erzwungenen Abreise der Internationalen Brigaden im Oktober 1938, die damals mit einer eindrucksvollen Verabschiedung durch „La Pasionaria“ stattfand. An dieses historische Ereignis wurde am letzten Tag des Kongresses mit drei eindrucksvollen Veranstaltungen in der Region erinnert.
Eröffnet wurde die Tagung mit einer Zeremonie im Ehrensaal des Alten Rathauses. Gemeinsam mit der neugewählten Bürgermeisterin von Barcelona wurde im historischen Saal der „Michel-Vanderborght-Award“ verliehen, eine Auszeichnung für Initiativen und Aktivistinnen, für Künstlerinnen und Publistist*innen, die mit den Idealen der FIR verbunden sind. Bei der Feier und in den Medien besonders wahrgenommen wurden die Auszeichnung der italienischen Senatorin Lilianna Segre, Auschwitz-Überlebende, die eine klare antifaschistische Botschaft nach dem Wahlsieg der italienischen Faschisten im vergangenen Jahr formuliert hatte, und die Ehrung von zwei spanischen Antifaschistinnen, Teresa Alonso und Delfina Tomas, Zeitzeuginnen des Spanischen Krieges und der Franco-Verfolgung. Aus Deutschland wurde das „Solidaritätsnetzwerk von Betroffenen rechter-rassistischer und antisemitischer Gewalt“ mit diesem Preis ausgezeichnet.

Der Kongress selber fand am zweiten Tag im Sitzungssaal der Gewerkschaft CCOO statt. Logisch, dass der Generalsekretär der Organisation den Kongress begrüßte. Ansprachen kamen auch von der katalanischen Ministerin für Erinnerungsarbeit und einem Staatssekretär der spanischen Regierung, der für das Programm „Demokratisches Gedenken“, das sich der Aufarbeitung der Verbrechen im Franco-Regime und für die Entschädigung der Verfolgten einsetzt, verantwortlich ist. Die gemeinsame Überzeugung der deutschen Gäste war, dass sie solch klare antifaschistische Botschaften noch von keiner Bundesregierung gehört hätten.
Natürlich ging es auf dem Kongress um eine Rechenschaftslegung der vergangenen vier Jahre, die durch die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine massiv in das Leben der internationalen Dachorganisation eingegriffen hatten. Es wurde insbesondere bedauert, dass aufgrund der Kriegssituation weder die Verbände aus Russland und der Ukraine, noch aus Israel an dem Kongress teilnehmen konnten. Leider fehlten auch andere Mitgliedsverbände.
Im Zentrum der Beratung standen die politischen Debatten zu den zentralen Fragen internationaler antifaschistischer Politik, insbesondere dem Handeln für den Frieden, die Bewahrung der antifaschistischen Erinnerung gegen jegliche Geschichtsfälschung und der erschreckende Aufschwung neofaschistischer und extrem rechter Parteien und Kräfte, was eine Drohung auch für die anstehenden Europawahlen darstellt. Wie in einer heterogenen Dachorganisation nicht anders zu erwarten, gab es durchaus kontroverse Debatten insbesondere zum Krieg im Nahen Osten, aber auch zum Umgang mit dem europäischen Parlament. Dennoch standen am Ende vier Erklärungen die einmütig beschlossen werden konnten und Orientierung für die Arbeit bis zum nächsten Kongress bringen sollen, darunter ein Aufruf für zivilgesellschaftliche Interventionen in den Europawahlkampf.
Es war ein eindrucksvolles Zeichen der Gemeinsamkeit, dass das Leitungsgremium einmütig gewählt wurde. Ihm gehören an der ungarische Präsident, ein italienischer Vizepräsident, Regina Girod als deutsche Vizepräsidentin, der deutsche Generalsekretär, sowie dreizehn Mitglieder von Belgien bis Serbien, von Russland bis Spanien und Griechenland.

Die FIR vor dem XIX regulären Kongress

23. Oktober 2023

Gespräch mit dem Generalsekretär der FIR Dr. Ulrich Schneider

Ende Oktober führt die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten in Barcelona ihren XIX. Kongress durch. Was ist die FIR und wen vertritt sie?

Die FIR ist die Dachorganisation der Verbände, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in ganz Europa von Widerstandskämpfern und Partisanen, Deportierten und Überlebenden, Kämpfern in den Reihen der Anti-Hitler-Koalition und ihren Familienangehörigen gegründet wurden und in vielen Ländern auch Antifaschisten heutiger Generationen umfassen.
Bei der Gründung 1951 in Wien war das zentrale Thema im Kalten Krieg die Bewahrung des Friedens und des politischen Vermächtnisses der Überlebenden. Gleichzeitig ging es um die Erinnerung an den antifaschistischen Widerstand in seiner ganzen politischen Breite an die kommenden Generationen. Im Laufe der über sieben Jahrzehnten haben wir einige Verbände, die sich nicht geöffnet haben, verloren. Andere, die den Generationswechsel vollziehen konnten und neue Verbände, die sich beispielsweise als Freunde der Internationalen Brigaden verstehen, sind hinzugekommen.
Im übertragenen Sinne gelten die Ziele von 1951 auch heute für die etwa 60 Mitgliedsverbände der FIR in 25 Ländern Europas, Israels und Lateinamerika. Die Idee des Antifaschismus ist lebendig.

Ist die FIR ein Traditionsverband oder welche Aufgaben sieht sie heute?

Die FIR versteht sich in der verdienstvollen Tradition der Frauen und Männer aus dem Widerstand gegen den Nazismus. Insofern sind wir ein „Traditionsverband“. Für uns ist aber das Vermächtnis der Überlebenden, wie es beispielsweise im „Schwur von Buchenwald“ formuliert wurde, eine aktuelle und zukunftsweisende Verpflichtung.
Wenn dort von „Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln“ gesprochen wird, dann sehen wir heute in zahlreichen Ländern – nicht nur in Europa – die gesellschaftlichen und sozialen Ursachen für das Wiedererstarken neofaschistischer und extrem rechter politischer Gruppen und Parteien, gegen die wir politisch aktiv werden müssen, wenn wir für eine demokratische Zukunft eintreten. Die „Schaffung einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit“ ist leider ebenfalls noch nicht Realität. Deshalb sind wir als „Botschafter des Friedens“ der Vereinten Nationen gemeinsam mit unseren Mitgliedsverbänden in den Friedensbewegungen aktiv. Die gemeinsame Friedensbotschaft der FIR und des Weltveteranenverbandes (WVF) vom November 2022 für einen sofortigen Waffenstillstand und den Beginn von Verhandlungen statt Waffenlieferungen im Ukraine-Krieg ist weiterhin aktuell. Ihre Dringlichkeit im Interesse der Menschen in allen Kriegsregionen wird täglich aufs Neue unterstrichen. Wir vergessen aber auch nicht die zahllosen anderen Kriegsschauplätze in der Welt.
Und wenn wir von Freiheit sprechen, dann verstehen wir darunter auch Sicherung von Demokratie und soziale Rechte für alle Menschen, d.h. auch Hilfe für Flüchtlinge. Das Vermächtnis der Überlebenden fordert immer noch unsere ganze Kraft und Aufmerksamkeit.

In Spanien und Portugal leben noch viele Zeitzeugen des antifaschistischen Kampfes. Aber in den meisten ehemals vom Nazismus okkupierten Ländern ist ihre Zahl gering geworden. Was bedeutet das für die Vermittlung der historischen Erfahrungen?

Das ist eine der großen Herausforderungen für viele Verbände der FIR. Das Verschwinden der Zeitzeugen und der zunehmende historische Abstand, verbunden mit dem Wiedererstarken extrem rechter Kräfte führen dazu, dass wir in vielen Ländern Europas schlimme Formen von Geschichtsrevisionismus erleben müssen. Denkmäler für die Befreiung vom Faschismus und die Befreier werden zerstört, faschistische Kollaborateure als „Freiheitskämpfer“ gewürdigt – und das geschieht nicht nur beim Bandera-Kult in der heutigen Ukraine.
Gleichzeitig sehen wir, dass es neuer Wege bedarf, jungen Menschen heutiger Generationen Zugänge zum und historisches Wissen über den antifaschistischen Kampf in den jeweiligen Ländern zu vermitteln. Viele Mitgliedsverbände sind in dieser Arbeit sehr engagiert und durchaus erfolgreich. Diese Erfahrungen wollen wir in den Reihen der FIR gemeinsam auswerten und damit helfen, die Geschichts- und Erinnerungsarbeit zu stärken. Dabei spielen die historischen Orte der KZ-Gedenkstätten eine wichtige Rolle. So planen wir gemeinsam mit den Mitgliedsverbänden für 2025 erneut ein internationales Jugendtreffen mit 1000 Teilnehmenden in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald.

Die Wahlergebnisse für extrem rechte Parteien in verschiedenen europäischen Ländern sind erschreckend. Im Mai 2024 finden die nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Wie steht die FIR dazu?

Auf unserem Kongress werden wir eine klare politische Botschaft anlässlich dieser Wahlen formulieren. Natürlich geben wir keine Wahlempfehlung für irgendeine Partei. Wir plädieren dafür, dass sich die zivilgesellschaftlichen Kräfte der Gewerkschaften, der ökologischen und sozialen Bewegungen, der Jugend und migrantischen Organisationen in gemeinsamen Netzwerken aktiv in diesen Wahlkampf einmischen und ihre demokratischen und auf alle Menschen in Europa bezogenen Forderungen zu Gehör bringen.
Denn wir treten ein für ein Europa, das sich der antifaschistischen Wurzeln bewusst ist, ein Europa aller Menschen, in dem die sozialen Rechte insbesondere der Schwächeren gestärkt werden, das gemeinsam Verantwortung für Flüchtlinge, die vor Kriegen, Hunger und anderen Katastrophen zu uns kommen, übernimmt, das sich für Frieden, europäische Entspannungspolitik und gegen die Militarisierung der EU einsetzt. Das sind große Themen. Es ist unsere Perspektive auf ein antifaschistisches Europa.

Was erwartet die FIR von dem Kongress in Barcelona?

Wir erleben in der Vorbereitung in Barcelona und Spanien insgesamt eine hohe Bereitschaft der Unterstützung für die von uns vertretene Idee des Antifaschismus. Das ist sehr ermutigend.
Im Rahmen des Kongresses werden wir an mehreren Gedenkveranstaltungen zur Erinnerung an die Internationalen Brigaden und die spanischen Opfer der Franco-Diktatur teilnehmen. Dies zeigt die gesellschaftliche Lebendigkeit des historischen Erinnerns.
Die bisherigen Rückmeldungen aus den Mitgliedsverbänden bestätigen, dass nach der Corona-Pandemie und mit den Auswirkungen des Ukraine-Krieges ein Bedürfnis nach einem realen politischen Austausch besteht. Der Kongress wird dabei zeigen, dass eine internationale Dachorganisation der Verbände in der Tradition des antifaschistischen Kampfes nicht nur heute, sondern auch zukünftig politisch gebraucht wird. Und wie es uns gelingt, heutige Generationen in diese Arbeit zu integrieren. Das ist die Basis für eine Zukunft der FIR.

Explosion der Gewalt im israelisch-palästinensischen Konflikt

9. Oktober 2023

Der Angriff der Kassem-Brigaden aus dem Gaza-Streifen auf Israel füllt die Schlagzeilen. Wie im Ukraine-Krieg wird er als überraschend, unprovoziert und brutal dargestellt. Doch der Angriff hat eine Vorgeschichte, die auf die völkerrechtswidrige Besatzungspolitik der israelischen Regierungen seit 1967 zurückzuführen ist und immer wieder zu Gewaltausbrüchen zwischen den Konfliktparteien geführt hat. Versuche, den Konflikt durch eine Zwei-Staaten-Lösung zu entschärfen, wurden von israelischer Seite immer wieder blockiert.
Entwicklungen, die auf eine Annäherung zwischen einzelnen arabischen Staaten und Israel hindeuten und dabei die Interessen der Palästinenser übergehen, sowie die gewaltsame Besatzungspolitik der derzeitigen rechtsextremen Netanjahu-Regierung, die seit Anfang des Jahres rund 300 palästinensische Todesopfer im Westjordanland gefordert hat, bilden den provokativen Hintergrund für den Angriff aus dem Gazastreifen auf israelisches Gebiet. Ohne die Asymmetrie von Gewalt und Gewaltanwendung in diesem Konflikt zu benennen und zu bekämpfen, wird eine Lösung nicht möglich sein.

Die Folgen des Angriffs der Kassem-Brigaden für die Menschen in dieser Kriegsregion sind schwerwiegend, mehrere hundert Israelis wurden getötet, fast 2.000 Menschen wurden verletzt. Auf palästinensischer Seite im Gazastreifen wurden bereits mehr als 1000 Menschen getötet und mehrere 1000 Zivilisten durch israelische Kräfte verletzt.
Die FIR bekräftigt daher in dieser Situation ihre Grundhaltung: Auch dieser Angriff der Hamas muss sofort gestoppt werden. Waffenstillstand und Verhandlungen für eine Friedenslösung auf der Grundlage der Resolutionen der Vereinten Nationen, die von beiden Seiten tatsächlich akzeptiert werden können, sind die einzige Lösung im Interesse aller Menschen in den Konfliktregionen.
Die Sicherheit Israels wird erst dann gewährleistet sein, wenn eine verhandelte Zweistaatenlösung umgesetzt wird. Wir fordern die Regierungen auf, sich unverzüglich für eine Einstellung der Kampfhandlungen und die Aufhebung der Blockade des Gazastreifens einzusetzen, alle verfügbaren diplomatischen Kräfte zu mobilisieren und endlich den Verhandlungsweg zu einer Zweistaatenlösung nachhaltig zu fördern.

Der XIX FIR Kongress in Barcelona

20. September 2023

Unterstützt von unseren katalanischen Mitgliedsverbänden wird der XIX reguläre FIR-Kongress von Freitag, 27. Oktober bis Sonntag, 29. Oktober 2023 in Barcelona stattfinden.
Der Ablauf ist folgendermaßen geplant:
Die Eröffnungsveranstaltung wird am späten Nachmittag des 27. Oktobers im alten Rathaus der Stadt Barcelona mit der Verleihung des Michel Vanderborght Awards stattfinden.
Die Arbeitsphase des Kongresses findet am Samstag, den 28. Oktober von 9:00 h bis zum frühen Abend im Gebäude des Gewerkschaftsverbandes CCOO statt.
Dort geht es um die Diskussion zum politischen und Finanzberichts. Anschließend sollen drei politische Schwerpunktthemen ausführlicher diskutiert werden und zum Abschluss finden die Wahlen zum Exekutivausschuss und die Beschlussfassung über politische Erklärungen des Kongresses statt.
Am Sonntag nehmen wir gemeinsam mit den katalanischen Freunden und den internationalen Gästen an Gedenkveranstaltungen auf dem Friedhof für die Opfer des Franquismus und der zentralen Erinnerung an die „Despedita“ teil. Delegierte, die es ermöglichen können, sind eingeladen, am Sonntagnachmittag an einer Fahrt nach Tarragona gemeinsam mit AIVICS und der Amical de les Brigades Internacionals de Catalunya teilzunehmen.
Die Delegierten und Gäste für den Kongress sind bis spätestens zum 20. September 2023 per E-Mail zu melden. Anschließend erhalten alle Delegierten direkt die Kongressunterlagen und technische Details.

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